2017

"Hereingeschneit - Geschichten für die Gänsehaut"

Die Bühnenpartner von Marcel Marceau überraschen mit ihrem neuen Programm

 

Samstag, 16. Dezember 2017 im Hotel "Hohe Wacht"

 

Aus dem Programm:

 

Die sieben Bewohner eines Dorfes in den Bergen leben in völliger Einsamkeit. Eines Nachts überkommt das Dorf ein Schneetreiben, das mehrere Jahre andauert und die Menschen in einen ebenso langen Schlaf versetzt. Als alle Dorfbewohner erwachen, machen sie eine wunderbare wie einfache Entdeckung. Die Einsamkeit scheint von Stund an beendet ...

 

Die Träume jedes Einzelnen sind die Episoden dieses Theaterabends ganz ohne Worte.

 

Seit 20 Jahren begeistern v. Bodecker & Neander mit ihrem visuellen Theater Presse wie Publikum. Sie versetzen das Publikum in Vibration und Resonanz. Tränen des Lachens und der Rührung sind selten so nah.

 

Fotos:  (c) Jürgen Peters     (zum Vergrößern anklicken)

 

Manfred Breschke und Philipp Schaller: "Wir werden´s euch besorgen"

 

Samstag, 18. November 2017 in der "Alten Schmiede"

 

Ausverkauft! Es wird Tradition, dass das Programm des „Kleinen Kulturkreises Lütjenburg“ die Menschen dieser Region so erfolgreich anspricht. Am 18. November 2017 ist es ein Kabarett-Abend mit Manfred Breschke und Philipp Schaller in der „Alten Schmiede“.

 

Ihren Altersunterschied (über 20 Jahre) klug nutzend, findet das Duo - ein „Kabaretturgestein“ und ein begabter Schreiber - einen guten Weg, die Widersprüche und Auseinandersetzungen unserer Gesellschaft in schnellen Dialogen pointiert zur Sprache zu bringen: Ein bisschen Zeit braucht es schon, bis „es fließt...“ – aber dann gibt es kein Halten mehr! Der Schlagabtausch zwischen dem jungen „Durchblicker“ und dem älteren „Bequemen“ erfordert unsere ganze Aufmerksamkeit, um die reizvollen „Zwischentöne“ nicht zu verpassen.

 

Der „Bequem-Bürger“ möchte sich gern den uns täglich präsentierten Tatsachen des Irrsinns, der Gewalt und großer Ungerechtigkeiten entziehen. Er wiegelt ab, beschönigt, gibt dann aber doch seine Ängste offen zu.

Kein Wunder, dass so manchem im Publikum, so wie mir, innerlich ganz „blümerant“ wird und das Lachen im Halse stecken bleibt. Wenn ich ehrlich bin, erkenne ich diese Winkelzüge auch in mir selbst. Da lache ich dann nur zu gern auch über die Veganerwitze, die hier als Blitzableiter für eine unbequeme Innenschau gut funktionieren.

 

Das Programm „Wir werden es Euch besorgen“ ist abwechslungsreich und mit guten Einfällen gespickt. Es darf zu Recht – trotz der ernsten Themen – herzhaft gelacht werden Das Programm lädt uns aber auch nachhaltig zum Denken – und vielleicht auch zum Tun ein.

 

Nach zwei Stunden werden die beiden Kabarettisten reichlich mit verdientem Beifall bedacht.

 

Text:    Dr. Vera Schmiedel                                                                  Fotos:  (c) Peter Zenner                                

 

Elke Heidenreich liest aus ihrem Buch: "Alles kein Zufall"

Marc Aurel Floros (Pianist) spielt Musik, die die Geschichten musikalisch ergänzen und bereichern

 

Donnerstag, 19. Oktober 2017 im Hotel "Hohe Wacht"

 

Ausverkauftes Haus beim Kleinen Kulturkreis Lütjenburg.

Man weiß nie, ob die Geschichte sich auch so zugetragen hat. Macht auch nichts. Elke Heidenreichs Sammlung von Episoden aus dem Leben sind komisch, nachdenklich, erzählen von liebenswerten Menschen und auch von doofen. Über 200 Zuhörer erlebten in Hohwacht eine erfrischende Lesung mit der – man glaubt es einfach nicht – 74-jährigen Schriftstellerin und Journalistin.

"Alles kein Zufall" ist keine Autobiografie, wie man sie kennt. Unnötige, langweilige Längen, der Chronistenpflicht geschuldet, findet man nicht. Der kürzeste der 189 Texte bringt es gerade auf zwei Sätze, der längste auf zwei Seiten.

In Tagebüchern und auf Zetteln sammelte Heidenreich die kleinen Alltagsdinge, mal selbst erlebt, mal ausgedacht, mal von anderen aufgeschnappt.

 

Aber wenn Heidenreich vorträgt, hat das alles irgendwie mit ihr zu tun. Auch die Sichtweise auf die Dinge.

So das Geschichtchen mit der Überschrift „Champagner“. Sie sitzt mit einer Freundin in einer Hotelbar. Einer der Herren macht sich an die Damen heran mit einem „Na, Mädels“. Er trifft auch nach sechs Bieren nur auf die Unlust von Heidenreich und ihrer Freundin, auf sein plumpes Flirten einzugehen. Beim Abschied weist er laut den Kellner an, die Biere auf die Rechnung für Zimmer 57 zu setzen. Die belästigten Damen revanchieren sich, als er weg ist. Sie bestellen eine

Flasche Champagner. Die Rechnung bitte für Zimmer 57. Selbst, wenn diese Geschichte ausgedacht wäre – Heidenreich wäre das zuzutrauen.

 

Auch typisch für sie: Morgens im Bett und in den Sommerhimmel zwitschert ein Vogel eine Melodie. Der Gefährte neben ihr, in Musik geschult, erklärt schlaftrunken, warum der Vogel so erbärmlich falsch singt und nicht die richtigen Noten trifft. Heidenreich schließt die Erzählung nur mit dem Satz: „Hände weg von Musikern.“ Der hätte auch in Wirklichkeit so fallen können.

Vielleicht ist diese Anekdote auch eine Anspielung auf den Pianisten Marc-Aurel Floros, Partner von Heidenreich auf der Bühne und im Privaten. Er untermalte die kurzen Lesepausen mit Musikstücken, die zu den Geschichten passten.

 

Strandspaziergang an der Ostsee, ein dankbares Publikum und ein nettes Umfeld im Kleinen Kulturkreis Lütjenburg.

„Ich fühle mich richtig wohl“, bekannte Elke Heidenreich später am Abend. Das Gefühl hatten auch die Zuhörer.

Die Schriftstellerin und Literaturkritikerin Elke Heidenreich hatte in Hohwacht eine Menge zu tun. Über 200 Zuhörer verfolgten ihre Lesung, die allermeisten nahmen ein von ihr signiertes Buch mit nach Hause.

 

Text:  Hans-Jürgen Schekahn in den Kieler Nachrichten vom 21.10.2017

 

Fotos:   (c) Marc Richter  (zum Vergrößern anklicken)


Kleiner Kulturkreis ausgezeichnet:

Anders-Stiftung würdigt Verdienste mit 3.000 Euro: „Veranstaltungen erhöhen regionale Attraktivität“

 

„Die Kasse ist ein bisschen dünn. Das Geld kommt erst einmal aufs Konto.“ Die Vorsitzende des Kleinen Kulturkreises Lütjenburg, Ilse Allwardt, ist wie immer pragmatisch, auch wenn gerade die Einnahmen stimmen.

 

Die Richard-Anders Kultur- und Denkmalstiftung zeichnete den Verein mit dem Stifterpreis 2017 aus, der mit 3000 Euro dotiert ist. „Das Bemühen des Kleinen Kulturkreises steht stellvertretend für den vielfältigen Einsatz von Vereinen und Privatpersonen für die Angebote von kulturellen Veranstaltungen in unserem Land, auf die gerade die Region heute mehr denn je angewiesen ist“, sagte Stiftungsgründer Richard Anders, ein Bauunternehmer aus Hohenfelde.

 

Landrätin Stephanie Ladwig, die Mitglied im Stiftungsrat ist, lobte den Verein dafür, dass er mit seinen Veranstaltungen die regionale Attraktivität stärke. Sie sieht in dem Stifterpreis nicht nur eine finanzielle Unterstützung, sondern auch ein Zeichen für die Wertschätzung der Arbeit des Kulturkreises. Ladwig: „Das ist auch wichtig.“

 

Der Kleine Kulturkreis ist fest mit dem Namen Ilse Allwardt verbunden, die seit Gründung im Mai 1989 als Vorsitzende tätig ist. Zusammen mit 17 anderen Männern und Frauen wollte sie damals das Kulturangebot in Lütjenburg erweitern. Es fing klein an mit Musikern aus der Region, mit einheimischen Kräften.

 

1991 kam dann der erste überregional bekannte Schriftsteller nach Lütjenburg: Walter Kempowski. Im Laufe der Jahre folgten Größen wie Arno Surmiski oder Wladimir Kaminer.

 

Neben der Literatur deckt der Kulturkreis viele Bereiche der Kunst ab. Der international erfolgreiche Maler Daniel Richter, der aus der Region stammt, hielt einen Vortrag über moderne Kunst. Konzerte erklingen in der Schlosskapelle in Panker. Vorträge sind in der Alten Schmiede in Lütjenburg zu hören. Die Kultur-Institution des Spiegels, Hellmuth Karasek, ließ sich zu einer Veranstaltung auf Gut Helmstorf locken.

 

Text:   Hans-Jürgen Schekahn in den Kieler Nachrichten vom 23.10.2017

Asta Scheib: "Sturm in den Himmel - die Liebe des jungen Luther"

 

Donnerstag, 21. September 2017 im Evangelischen Gemeindehaus

 

Asta Scheib war mir bisher nicht bekannt. Da sie aber im süddeutschen Raum große Anerkennung genießt, ging ich gespannt an die Lektüre. Über den jungen Luther war mir nicht viel bekannt. – Mich fesselte sogleich die ausdrucksstarke Schilderung des mittelalterlichen Lebens rund um Mansfeld – und überhaupt.

 

Frau Scheib stellt die Härte der Lebensbedingungen, unter denen Frauen und Kinder besonders zu leiden hatten, in anschaulichen Bildern dar. Dazu die empörend herzlose Haltung vieler Priester, Mönche und Nonnen, die den gebeutelten Gläubigen ständig mit Tod, Teufel und Höllenschlund drohten und in keiner Weise die Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen predigten oder selbst zu leben versuchten. Dann die Prunksucht und Völlerei in der weltlichen und geistlichen Oberschicht und deren menschenverachtende Willkür denen gegenüber, die für sie unter erbärmlichen Bedingungen arbeiteten und ihnen damit ihr Luxusleben ermöglichten.

 

In dieser Lebensumwelt stellt sie uns das Kind und den Heranwachsenden Martin vor als einen sensiblen und hochintelligenten Jungen. Wir erfahren, dass er von Eltern und Lehrern sehr häufig geprügelt wurde – z. T. bis aufs Blut! - für Verfehlungen, die ihm niemand als solche erklärte; dass ihm Angst gemacht wurde vor dem Teufel, der ihn angeblich ständig in seinen Klauen hatte, weil er – wie seine Mutter ihm fast täglich einbläut – ein böses Kind war.

Dabei sah der ehrgeizige Vater durchaus Martins Klugheit, sein Potential. Aber in der damaligen Zeit glaubten die meisten Eltern, dass aus Kindern nur durch Prügel gute Menschen würden.

 

Vater Luther ermöglichte Martin von sehr frühem Alter an (ab 4 ½ Jahren) den Besuch von Schulen – eine große finanzielle Investition: Martin sollte als Jurist das Ansehen der ganzen Familie auf ein höheres Niveau heben. –

Diese wenigen Fakten über den jungen Luther hatte ich auch schon gelesen, nur nicht so spannend in den zeitlichen Kontext eingebettet wie in Asta Scheibs Roman.

 

Aber nun tauchten für mich unbekannte Personen auf, die nach Darstellung der Autorin ganz entscheidend den Charakter Martin Luthers prägten: Die Kinderfrau Berblin und das Waisenmädchen Madlen. Diese beiden bringen Licht und Liebe in das Leben des verängstigten Kindes. Berblin tröstet ihn und steht ihm bei, teilt nicht die strengen Ansichten der Eltern, straft nie. Madlen, als angebliche Angehörige Berblins in die Lutherfamilie aufgenommen, lässt den Heranwachsenden in Liebe entflammen und wird von dem schönen, lieben und klugen Mädchen auch wieder geliebt.

Mit diesen beiden erfundenen Figuren, die dem historischen Luther an die Seite gestellt wurden, hatte ich und hatten auch einige andere Zuhörer Schwierigkeiten.

 

Im Nachgespräch mit Frau Scheib ließ ich mich überzeugen, dass eine Roman-Autorin sich durchaus das Recht nimmt, Figuren hinzuzufügen. Nach gründlichen Recherchen hat sie sich in die Figur des jungen Luther hinein gespürt. Dabei schien es ihr eher unwahrscheinlich, dass es in Martins Kindheit niemanden gegeben haben sollte, der ihn geliebt und gestützt hat. Wie konnte sonst eine so starke Persönlichkeit aus dem verängstigten und gedemütigten Jungen werden? Ein Mann, der später seiner Frau mit Respekt und Liebe begegnete, der ein liebevoller und zärtlicher Vater wurde?

So kam ihr die Gestalt einer klugen und warmherzigen Kinderfrau entgegen – denn eine Kinderfrau gab es sicherlich in diesem Haus. – Und da Frau Scheib vermutet, dass Luther ein hübscher Junge war, hält sie eine frühe Liebe durchaus für wahrscheinlich. Am Bild der Madlen konnte die Autorin uns außerdem noch einmal überdeutlich vor Augen führen, wie schrecklich ungerecht, hart und hoffnungslos das Leben für solch eine Waise damals war.

 

Ich werde den Roman gern zu Ende lesen. Für mich wäre es aber gut gewesen, Frau Scheib hätte in einem Nachwort darauf hingewiesen, aus welchen Quellen sie geschöpft hat und welche der wichtigen Personen reine Fiktion sind.

 

Text:   Helga Sielmann                                              Bilder 1 und 2: (c) Verlag,    Fotos 3 und 4:  (c) Peter Zenner

 

Buchpräsentation mit Miljenko Jergovic und Miroslav Nemec

Wolfgang Griep moderiert, Renata Steindorff übersetzt

 

Sonntag, 13. August 2017 im Evangelischen Gemeindehaus

 

Aus dem Programm:

 

Der Schriftsteller Miljenko Jergović (geb. 1966 in Sarajevo) stellt mit dem Schauspieler Miroslav Nemec sein epochales Werk "Die unerhörte Geschichte meiner Familie" im diesjährigen Literatursommer vor. Darin begibt er sich auf die Spuren seiner aus den unterschiedlichsten Kulturen zusammengewürfelten Familie und ergründet in einem Erzählstrom voller unerhörter Begebenheiten, was das Menschsein ausmacht.

 

Miroslav Nemec (geb. 1954 in Zagreb), Schauspieler, Musiker und Autor, ist einem breiten Publikum durch viele Fernsehfilme und v. a. als Kriminalhauptkommissar Ivo Batic im Münchener Tatort bekannt. Im Literatursommer leiht er dem großen Erzähler Jergović seine deutsche Lesestimme.

 

Fotos:  (c) Peter Zenner                     (zum Vergrößern anklicken)

 

Klavierduo Anna & Ines Walachowski

 

Samstag, 10. Juni 2017 im Hotel "Hohe Wacht"

 

Zwanzig Finger spielten wie aus einem Guss! Es war ein virtuoses Konzert, das uns der Kleine Kulturkreis Lütjenburg und Umgebung mit dieser Starbesetzung geboten hat. Im Hotel Hohe Wacht wurde dieser Abend eröffnet mit Mozarts Sonate C-Dur zu vier Händen. Schon jetzt war man beeindruckt von der Vielfalt der Ausdruckskraft, die aus den Tasten hervorgezaubert wurde.

 

In Franz Schuberts "Lebensstürme" erlebten die Zuhörer wie zauberhaft die Stimmung des Werkes eingefangen wurde:

Zart und leise perlten die Töne dahin, dann erklang ein mächtiges Brausen, das von zarten, einfühlsamen Motiven eingerahmt wurde. Die beiden Pianistinnen steigerten sich über Dvoraks fünf Tänze bis hin zu Ravels "Bolero" in ihrer musikalischen Ausdruckskraft. Die ganze Bandbreite ihres Können zeigten Anna & Ines Walachowski in Mendelssohn-Bartholdys Variationen.

 

Mit langanhaltendem Applaus wurden die Künstlerinnen für ihre herausragende und bewundernswerte Leistung gewürdigt.

 

Text:  Brigitte Holzhauser                                                             Fotos: (c) Marc Richter  (zum Vergrößern anklicken)

 

Das Linnéa-Quintett

 

Sonntag, 21. Mai 2017 im Herrenhaus Helmstorf

 

Die Freude über das sonnig-warme Wochenende ist allen anzusehen, die an diesem Sonntagabend in das Herrenhaus von Gut Helmstorf kommen. Die Gastgeber, Cornelia und Magnus von Buchwaldt, sorgen unaufgeregt und freundlich aufmerksam dafür, dass auch noch der letzte verfügbare Sessel oder Stuhl im schönen Salon einen Platz bekommt. Das Interesse an diesem Konzert des Linnéa Quintetts ist groß. Mich erfasst eine besondere Stimmung, welche all diese hereinströmenden Menschen und die fröhlichen Kinder der von Buchwaldts in mir hervorrufen: pure Vorfreude auf einen gemeinsamen Genuss!

 

Ilse Allwardt, die 1. Vorsitzende vom „Kleinen Kulturkreis Lütjenburg und Umgebung“ begrüßt die versammelte gespannte Zuhörerschaft und dankt den Gastgebern mit einem wunderhübschen Blumengebinde. Magnus und Cornelia von Buchwaldt stellen ihr Haus einmal mehr für Konzerte zur Verfügung und betreuen die Künstlerinnen liebevoll.

 

Die Klarinettistin und Arrangeurin des Quintetts, Heike Büchler, führt in die ersten Stücke des Konzertes ein. Johann Heinrich Backofen und Carl Maria von Weber lebten und wirkten zum Ende des 18./ Anfang des 19. Jahrhunderts, das heißt: nur wenig später als die Fertigstellung des Herrenhauses in seiner heutigen Form. Ich höre das besondere Bassethorn (eine tiefe Alt-Klarinette), kneife ein wenig die Augen zusammen, um die moderne Kleidung meiner MitzuhörerInnen unscharf zu sehen, und finde mich in einem Konzertraum des 18. Jahrhunderts wieder. Mit einem Glas Wein in der Hand lustwandle ich in der Pause im weitläufigen Garten und kann diese Vorstellung noch ein wenig weiterspinnen.

 

Nach der Pause ist es allerdings vorbei mit den barock-klassizistischen Träumen. Die harte Realität der Nazi-Zeit wird im Schicksal der Virtuosin und Komponistin Ilse Fromm-Michaels lebendig, die von Anja Noll vorbereitend und ergreifend vermittelt wird. Klänge von Schmerz und Trauer und Wut erinnern daran, dass wir hier auf einer „Insel der Seeligen“ leben. Es ist gut, daran erinnert zu werden!

 

Aber mit Trauer im Herzen sollen wir nicht nach Hause entlassen werden. Die Cantilena von Heitor Villa-Lobos führt mich wieder hinaus aus diesen schweren Gedanken. Welch ein faszinierender Zusammenklang! Brasilianische Volksliedweisen klassisch kontrapunktiert im Stile Johann Sebastian Bachs und doch „modern“ mit der Tonalität experimentierend. Die Vielfalt des Repertoires der fünf Musikerinnen wird zum Schluss abgerundet durch Auszüge aus der „Westside-Story“. Da wippen auch ein paar Füße und man möchte mitsingen: „I feel pretty….“

 

Heike Büchler (Klarinette) arrangiert alle Musikstücke für die Besetzung des Quintetts: ihre verschiedenen Klarinetten, die Violinen mit Beate Fiebig und Anja Herbst, die Viola mit Anja Noll und das Cello mit Sabine Thormann. Großer Applaus für die fünf fabelhaften Musikerinnen!

 

Text:   Dr. Vera Schmiedel                                                    Fotos:  (c) Jürgen Peters  (zum Vergrößern anklicken)                   

 

Max Pechstein: Geschichten hinter den Bildern

Impressionen vom Lichtbildervortrag von Alexander Pechstein

 

Samstag, 8. April 2017 im Gemeindehaus in Lütjenburg

 

Aus dem Programm:

Der Enkel Max Pechsteins, Alexander Pechstein, der seinen Großvater noch erlebte, präsentiert in seinem Vortrag den Maler in seiner ganzen Vielfältigkeit.

 

Fotos: (c) Marc Richter  (zum Vergrößern anklicken)

 

Bewegtbildtheater:  Susanna – Ich bin ein Kontinent

Ein musikalisches Schauspiel nach der Erzählung "Susanna" von Gertrud Kolmar

 

Samstag, 1. April 2017 in der "Alten Schmiede" in Lütjenburg

 

Ich hatte mich nicht auf diesen speziellen Theaterabend vorbereitet - dabei stand so viel auf dem kleinen Handzettel. Gespannt schaute ich auf den Aufbau in der alten Schmiede: Eine hohe Leinwand, auf der eine Holztreppe zu sehen war, die auf eine Art Balkon führte. Seitlich davon ein kleines Podest, auf der anderen Seite eine graue Trittleiter.

 

Beginn mit Gewittergeräusch, die Schauspielerin Martina Roth in blauem Kleid auf der Leinwand tritt auf, packt ihren Koffer und berichtet, dass sie eine Erzieherstelle annehmen wird.

 

Dann tritt Martina Roth in Rot real auf als Susanna und singt von Johannes Conen begleitet (der unsichtbar hinter der Leinwand sitzt und Gitarre spielt) einen Chanson über die Zeit. Später lese ich im Faltblatt, dass es sich um ein Gedicht der Schriftstellerin und Lyrikerin Gertrud Kolmar handelt. Dann erklimmt Susanna die Leiter. Dort spielt sie die meiste Zeit die gemütskranke schöne junge Frau, die in ihren Phantasien lebt und sich von der nüchternen Erzieherin auch nicht aus dieser eigenen Welt vertreiben lässt. Sie kommt buchstäblich nicht auf den Boden, lebt in einer Zwischenwelt. Ihre Mimik, ihre Gebärden sind unglaublich ausdrucksstark. Sie liest in ihren Händen, spielt mit ihrem Kleid, streicht über ihren Körper, ihr Haar ist aufgelöst.

 

Ich kann den Sinn der Gedichte und Texte nicht erfassen, zu wirr erscheinen sie mir. Ich muss mich auch öfter dem übersinnlichen / überirdischen Lächeln und rastlosen Bewegen auf der Leiter entziehen. Kaum auszuhalten. Ich verstehe, dass Susanna Liebe sucht, erotische Wünsche hat, die sie in phantastischen Bildern beschreibt. Überhaupt erfasse ich, dass dies eine wunderbare lyrische Sprache ist. Wie schon gesagt: Ich erfahre erst danach, dass es sich um Gedichte und Texte von Gertrud Kolmar handelt.

 

Glück, Stolz und dann tiefes Leid, Kummer spiegelt sich überdeutlich in Gestik und Mimik der Schauspieler Martina Roth.

 

Der Film auf der Leinwand geht anschaulich darauf ein: Nacht und Tag wechseln, das Licht verändert sich, Nebel steigt und fällt, bis sich zum Schluss die Balustrade auflöst, die Treppe ins Leere ragt und dann verschwindet, der Boden unter der Treppe wie ein ausgetrockneter Wüstenboden wirkt. Auch die Geräuschkulisse verändert sich zum Geschehen, zu der inneren Stimmung von Susanna bis hin zu ihrem Tod (die Zug-Geräusche, die, wie ich mir danach denke, an den Zug nach Auschwitz erinnern sollen).

 

Hätte es mir geholfen, wenn ich mich vorher informiert hätte? Ich glaube ja. So ohne Info hing für mich das ganze Arrangement in der Luft. Ich begriff allerdings, dass ich hier jetzt in eine ungewöhnliche neue Theaterform hineingenommen werde, die eine ganz intensive und unmittelbare Wirkung auf den Zuschauer hat.

 

Text:  Helga Sielmann                                                                 Bilder zum Vergrößern anklicken

 

Vom Überleben und Schweigen

Der frühere ARD-Korrespondent Jörg Armbruster las aus seinem Buch „Willkommen im gelobten Land?“

   

Mittwoch, 22. März 2017 · 19.30 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus

  

Es sind Schilderungen, die lassen einen erschauern. Ein Wiener Jude flüchtet 1939 vor den Nazis nach Palästina und fährt in Haifa plötzlich durch Straßenzüge voller Hakenkreuzflaggen, die von ausgewanderten Deutschen gehisst worden waren. Eine alte Frau, die als Achtjährige miterleben musste, wie ihre Mutter im KZ an Typhus starb, und bis heute unter Albträumen leidet. Das sind nur zwei Schicksale, denen der Nahostexperte und frühere ARD-Korrespondent Jörg Armbruster nachging. In seinem Buch „Willkommen im gelobten Land?“ schildert der Journalist das Leben von Juden aus Deutschland und Österreich, die seit den 30er-Jahren nach Israel gekommen waren. Über 40 hoch interessierte Zuhörer beim Kleinen Kulturkreis nahm er bei einer Lesung mit nach Palästina.

 

Auf mehreren Reisen besuchte Armbruster die letzten deutschstämmigen Überlebenden dieser Zeit, die in Israel spöttisch „Jecken“ genannt werden. Gespräche führte er unter andrem in einem aus Spenden finanzierten Altenheim, in dem verarmte Holocaust- Überlebende wohnen. Darunter waren Menschen, die nach 1945 ausgerechnet den „Kibbuz Buchenwald“ in Israel gründeten. Die ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers wollten mit der Namensgebung ihre persönliche Verbundenheit in der Zeit der Folter und Tortur zeigen. Das ging dem jungen Staat Israel zu weit und er ließ den Namen wieder ändern.

 

Die Zugereisten aus Deutschland kamen allesamt nicht freiwillig. Das stellte sie sofort in Gegensatz zu den alteingesessenen Zionisten, die aus innerer Überzeugung in Palästina einen rein jüdischen Staat schaffen wollten. Die eher liberal gesinnten Mitteleuropäer steuerten in der Araber- Frage einen anderen Kurs. Israel sollte Heimstatt für beide Völker sein, so ihre Auffassung. Wie Armbruster schildert, schlug die Ablehnung der anderen gegen die Deutschstämmigen zum Teil in Gewalt um.

 

Der Buchautor stieß während seiner Recherchen immer wieder auf Menschen, die nach 1945 kaum über ihre Erlebnisse im Konzentrationslager mit der Familie geredet haben. „Schweigen ist die Sprache der Überlebenden“ nennt Armbruster das. Mit Folgen für die nächste Generation. Eine Frau kümmerte sich seit frühester Kindheit um ihre Eltern in einer Form, die an zwanghafte Selbstaufopferung grenzt. „Sie waren ja Überlebende“, reflektierte die Frau Jahrzehnte später über ihr Verhalten.

 

Eine Situation, die an die heutige Lage der Flüchtlinge erinnert: Viele Deutschstämmige haderten mit der Sprache und konnten sich nur schwer verständigen. Armbruster schildert eine weitere weltpolitische Ähnlichkeit zwischen Schutz suchenden Juden und Flüchtlingen aus Syrien. Kaum eine Nation der Welt wollte oder will sie aufnehmen. Eine Ausnahme sei heute Deutschland. Armbruster: „Gott sei Dank“.

 

Pressebericht + Foto: Kieler Nachrichten vom 24.03.2017 / Hans-Jürgen Schekahn   

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